Immer mehr Personalverantwortliche sprechen uns an mit dem Ziel, eigene Foresight-Kompetenz im Unternehmen oder der Behörde aufzubauen. Aller Anfang ist schwer. In meinem Blogbeitrag erkläre ich, wie Sie vorgehen können.
Warum Foresight?
Wenn Sie diesen Beitrag lesen, sind Sie oder Ihre Organisation vermutlich schon davon überzeugt, dass es eine gute Idee ist, eigene Kompetenz in der strategischen Vorausschau aufzubauen. Vielleicht kennen Sie auch schon die Unterscheidung von Zukunftsforschung und Foresight. Falls nicht, finden Sie eine kurze Erläuterung hier.
Nun ist es wichtig, die konkreten Parameter festzulegen, was Sie mit Foresight erreichen möchten – und da wird’s knifflig. Aus unserer Erfahrung gibt es drei Motive für Foresight:
- Erkenntnisgewinn:
Sie möchten mehr über zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten Ihres Produkts, Ihres Markts, Ihrer Branche, Ihres Personals etc. erfahren. Eine interdisziplinäre 360°-Sicht mit Foresight-Perspektive ist dafür sinnvoll. - Innovation:
Sie verfolgen das klare Ziel, Ihre Organisation zu innovieren, also substanziell weiterzuentwickeln. Foresight soll für Sie also den Abgleich Ihrer Vision mit den tatsächlich zu erwartenden Zukunftsszenarien fundieren. - Image:
Sie möchten sich gegenüber Ihren wichtigsten Stakeholdern zukunftsorientiert positionieren.
Je nach Motivlage eignen sich unterschiedliche Herangehensweisen, die letztlich auch vom Budget abhängen.
Einstiegsmöglichkeiten in Foresight
Möglicherweise sind Sie Führungskraft mit Personalverantwortung, Mitglied der Geschäftsführung oder des Vorstands, verfügen vielleicht sogar über den klaren Auftrag, sich um die Einführung von Foresight zu kümmern. Hier sind die gängigsten Optionen:
Trendscout
Ein sinnvoller erster Schritt ist die Besetzung einer oder mehrerer Stellen für Trendscouts. Die Jobbeschreibung kann natürlich variieren, doch ein zentrales Element ist in der Regel der Aufbau eines kontinuierlichen Trend-Dashboards und regelmäßiges Reporting mindestens ans Top-Management. Welche technologischen, wirtschaftlichen, politischen, juristischen, gesellschaftlichen Entwicklungen haben einen Einfluss auf das Geschäftsmodell, die Prozesse, die Lieferkette – heute, morgen, übermorgen?
Die entscheidende Frage ist die organisatorische Einbettung: Ist der Trendscout nah an der Geschäftsführung, Teil des Innovationsmanagements oder im Strategie-Team? Ist es eine Stabsstelle oder ein Chief Futures Officer?
Auch knifflig: Die Frage der Einbindung. Einerseits ist die Funktion des Trendscouts die Abschaffung der Betriebsblindheit, was dafür spricht, auch den Arbeitsvertrag und die lokale Verortung anders als beim sonstigen Personal zu handhaben. Immerhin sollte die Person auch regelmäßig internationale Konferenzen besuchen, sich mit anderen Trendscouts vernetzen und ohne Scheuklappen arbeiten können. Andererseits braucht ein Trendscout ein buntes Profil aus fachlicher Kompetenz Ihrer Branche und interdisziplinärer Methodik, sollte die Unternehmenskultur kennenlernen und somit auch im Kollegium und in der Aufbauorganisation verortet werden. Daher kann es auch sinnvoll sein, direkt zwei halbe Stellen für das Thema auszuschreiben – und ggf. intern zu besetzen.
Der größte Vorteil eines eigenen Teams ist, dass Ihr geistiges Eigentum in der Firma bleibt. Der größte Nachteil ist, dass die Fähigkeit, tatsächlich unabhängige Bewertungen für Trends und Zukünfte zu entwickeln, durch die gegebenen Organisationsgrenzen eingeschränkt bleibt.
Man merkt schon: Die Frage ist alles andere als trivial. Möglicherweise stellt der Schritt zu Foresight im Unternehmen sogar Ihre Aufbauorganisation infrage. Schließlich gibt es Trendscouts (noch) nicht an jeder Ecke, aber das könnte sich bald ändern.
Fortbildung in Sachen Foresight
Sicher haben Sie im Top-Management die grundlegende Kompetenz zur strategischen Vorausschau und nutzen möglicherweise auch schon Tools aus dem Kontext von Foresight bzw. Data Analytics, Business Intelligence. Dennoch ist der Kern Ihrer Stellenbeschreibung nicht die 360°-Sicht unabhängig vom Unternehmen, sondern das genaue Gegenteil. Interessenkonflikte einer Personalunion von Management und Foresight sind vorprogrammiert, aber das gehört letztlich auch zu Ihrem Job.
Sollten Sie sich dennoch dazu entscheiden, als Führungskraft die Foresight-Funktion einzunehmen, empfiehlt sich eine Fortbildung in Foresight-Methoden. Die Angebote in diesem Bereich sind aktuell noch rar gesät – neben einigen Hochschulen und Universitäten wagen sich langsam auch andere Fortbildungsträger an das Thema, darunter auch PROFORE. Im Kern der Fortbildung sollte der Fokus auf den Potenzialen von Foresight, den praktischen Methoden und Tools sowie der grundlegenden Idee der strategischen Vorausschau liegen. Letztlich ist das Mindset sowie die Offenheit für Zukünfte entscheidend.
Punktuelles, externes Foresight-Knowhow
Die dritte Option ist die punktuelle Beauftragung von Zukunfts-Knowhow. Sie eignet sich vor allem, wenn Sie eine klar definierte, zeitlich eher begrenzte oder auch regelmäßige Einschätzung wichtiger Branchentrends benötigen. Zukunftsinstitute wie PROFORE sind einerseits darauf spezialisiert, kontinuierlich die relevanten Trends und Treiber zu analysieren – oft unabhängig von der Branche. Andererseits zeichnet die Foresight-Community aus, dass wir uns in sehr kurzer Zeit in neue Branchen und Themen einarbeiten, um die projizierten Verläufe von Trends sowie antizipierbare Wildcards auf konkrete Umgebungen zu transferieren.
Das Format kann sehr unterschiedlich sein; benötigen Sie eine Analyse in Schriftform, beauftragen Sie vermutlich eine Studie. Möchten Sie daraus eher etwas für die Organisation lernen, wird diese wahrscheinlich nicht veröffentlicht – möchten Sie hingegen anderen Stakeholdern außerhalb der Organisation Ihren neuen Wissensstand mitteilen, bietet sich eine öffentlichkeitswirksame Publikation an.
Der größte Vorteil externen Knowhows ist, dass Sie sehr effizient die Erkenntnisgenerierung auslagern und das Personalwesen keinen Mehraufwand hat. Größter Nachteil ist, dass Sie weniger Kontrolle über die inhaltliche Kongruenz zu Ihrem Geschäft haben und das geistige Eigentum weniger verbindlich Teil Ihrer Organisation wird.
Dauerhafte Foresight-Beratung
Last but not least bleibt die Option einer dauerhaften Beratung bzw. Kooperation mit einem Dienstleister. So, wie Sie eine Steuerberatungskanzlei oder Wirtschaftsprüfung mit der Erstellung Ihrer Bilanzierung etc. dauerhaft beauftragt haben, kann die externe, permanente Zusammenarbeit mit einem Foresight-Anbieter dann Sinn ergeben, wenn Sie die Schnittstelle ins Unternehmen sinnvoll definieren und besetzen können und die Arbeitspakete ebenso klar umrissen sind. Noch gibt es keinen Bundesverband für Foresight, doch über das Netzwerk Zukunftsforschung sind die eher wissenschaftlich tätigen Zukunftsforschenden organisiert, die World Futures Studies Federation ist das internationale Pendant dazu, in der Association of Professional Futurists (APF) finden Sie die internationale Foresight-Expertenliga. Dort ist alles vertreten, von Soloselbstständigen über Netzwerkinstitute wie PROFORE bishin zu größeren Thinktanks.
Fazit
Der Einstieg in Foresight ist keine Raketenwissenschaft, allerdings ist durch den eher ungewöhnlichen Charakter der Aufgabenstellungen – nämlich das zu tun, was eine Organisation per Definition nicht selbst kann – die Hürde höher als es auf den ersten Blick scheint. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Beitrag Ideen die ersten Schritten in Richtung Foresight im eigenen Unternehmen geben konnten!
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